Additive Fertigung Die Massenfertigung kommt
SAF ist das jüngste additive Fertigungsverfahren von Stratasys. Warum ausgerechnet dieses das Zeitalter der Massenproduktion mit Additiver Fertigung einläutet, erklärt Neil Hopkinson.
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Immer präsenter wird die Additive Fertigung in der Produktion. Aber eine Serienfertigung kommt selten vor. Lediglich im Bereich Kleinserie durchdringt der 3D-Druck die Fertigung. Wenn die erforderlichen Stückzahlen in die Tausende oder Zehntausende gehen, ist der Spritzguss einfach wirtschaftlicher – bisher.
So funktioniert SAF
Selective absorption fusion (SAF) kann das ändern. Denn dieses pulverbasierte Verfahren liefert einen Durchsatz auf Produktionsniveau – für Endbauteile. So funktioniert SAF: Eine Absorberflüssigkeit (HAF, high absorbing fluid) wird mit piezoelektrischen Druckköpfen selektiv auf die Oberfläche des Pulverbetts aufgetragen. Anschließend wird die Oberfläche mit Infrarot bestrahlt. Das HAF verschmelzt die unter ihm liegenden Pulverteilchen. Dann wird eine neue Pulverschicht und eine weitere HAF-Schicht aufgetragen und verschmolzen. So lange bis die Bauteile vollständig sind.
Ein zeitgesteuerter Ablauf gewährleistet eine gleichmäßige Temperatur über das gesamte Pulverbett, also für alle Teile. Dadurch werden feine Details oder große geschmolzene Bereiche ohne Beeinträchtigung des Durchsatzes möglich.
Zur Podcast-Reihe „Wann kommt die (Groß-)Serie mit Additiver Fertigung“.
So können Hersteller Zehntausende von Teilen für den Endverbrauch herstellen. In nur einem Druckjob. Mit derselben Kontrolle, Genauigkeit und Wiederholbarkeit, die man vom Spritzguss erwartet – aber zu Kosten pro Teil, mit denen Spritzguss oder Zerspanung oft nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Dabei können diese zehntausend mit SAF gefertigten Teile alle völlig unterschiedlich und individuell sein.
Große Stückzahlen kleiner oder komplexer Bauteile
Wann sollten Hersteller das SAF-Verfahren für ihre Serienproduktion in Betracht ziehen? Welche Art von Anwendungen sind am besten geeignet? Im Sweetspot liegen Anwendungen mit großen Stückzahlen kleiner oder komplexer Bauteile.
Spritzguss eignet sich zwar gut für eine Großserie, aber die Kosten pro Teil werden maßgeblich von der Komplexität der Form bestimmt. Die wiederum kann hohe Fixkosten für die Werkzeuge verursachen. Entwürfe zu ändern oder Fehler zu korrigieren ist schwierig und kostspielig. Denn weil die Formen komplett neu angefertigt werden müssen, sind die Rüstzeiten lang. Die Komplexität des Designs ist eine inhärente Herausforderung für herkömmliche Fertigungsmethoden. Aber genau hier zeichnet sich die Additive Fertigung aus. Sie eignet sich perfekt zur Fertigung komplexer Designs.
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Additive Fertigung
Drei Gründe für 3D-Druck in der Serienproduktion
Bei SAF sind die Produktionskosten bereits für nicht allzu komplexe Teile niedriger als beim Spritzguss oder der Zerspanung. Das Verfahren kann sowohl in den experimentellen Phasen des Prototypings als auch in der Endfertigung eingesetzt werden und Anwender können bei Bedarf schnell das Design ändern. Auch das senkt die Kosten.
Manche Geometrien können weder spritzgegossen noch zerspant werden. Gitter- oder Lattice-Strukturen zum Beispiel tragen zur Gewichtsreduzierung bei und sind damit ein Leichtbau-Thema. Doch sie sind mit konventionellen Verfahren nicht umsetzbar. Mit Additiver Fertigung und speziell mit SAF lassen sie sich problemlos fertigen.
Produktlinien optimieren, Geschäftsmodelle erschließen
Wer bei einer Serienproduktion zwischen Additiver Fertigung und Spritzguss wählen kann, hat eine wesentlich flexiblere Fertigung. Denn er kann sowohl seine bestehende Produktlinien optimieren, als auch neue Geschäftsmodelle erschließen. Denn jetzt gehen große Losgrößen und kundenspezifische Anpassungen ganz einfach.
Wir haben Kunden, die mit SAF gedruckte Teile in verschiedenen Produktionsmengen und zu einem Bruchteil der Spritzgusskosten fertigen. Hinzu kommen Effizienzgewinne: Unsere Kunden fertigen Teile auf Abruf, sie müssen sie nicht mehr in großen Mengen lagern. Dazu gehören tausende von kleinen Vorrichtungen an Verpackungslinien bis hin zu hochkomplexen, internen Komponenten für medizinische Hilfsmittel. Sie alle sind ideal für die Serienproduktion mit Additiver Fertigung. Besonders für kleine und gleichzeitig komplexe Teile ist das eine sehr gute Möglichkeit.
Als Beispiel für eine Individualserie passt das deutsche Designunternehmen DQBD sehr gut. Das Unternehmen stellt individuelle Fahrradsättel her. Dabei werden mehrere tragende Bauteile des Sattels per SAF gedruckt. Die Vorteile:
- Mit einer großen Designflexibilität und Produktionsqualität werden kundenspezifische Fahrradsättel verwirklicht.
- Die Vorlaufzeiten verkürzten sich von drei bis sechs Monaten auf zehn Tage.
- Kosteneinsparungen für die erste Charge von über 25.000 Euro gegenüber dem Spritzgussverfahren.
Greifer: Das Gewicht wurde halbiert, die Linie optimiert
Neben einer effizienten Produktentwicklung gibt es weitere, oft übersehene Vorteile. Denn wer additiv konstruiert, der optimiert seine Produkte bereits durch das Design. Beispielsweise bei Greifwerkzeugen für Roboter. Komplexe, innen liegende Strukturen haben das Gewicht des neugestalteten Greifers fast halbiert. Dadurch werden die Roboterarme wesentlich weniger belastet, ihre Bewegungsgeschwindigkeit und die Produktivität erhöht sich, während sich die Abnutzung verringert. Da mit SAF die Greifer in Serie, kostengünstig und auf Abruf gefertigt werden, bietet sich eine enorme Chance zur Optimierung der Produktionslinien. Es gibt unzählige weitere Möglichkeiten, die Effizienz in der Fabrik zu verbessern.
Mit Blick auf die Zukunft bietet Additive Fertigung viel für die Serienproduktion, worauf man gespannt sein kann. Da die Druckerhersteller ihre Maschinen immer weiter verbessern und spezialisieren, wird die Branche insgesamt anspruchsvoller, wettbewerbsfähiger und differenzierter. Das führt zu neuen Lösungen, die die Branchen-spezifischen Eintrittsbarrieren überwinden.
* Neil Hopkinson ist Vice President of Technology bei Stratasys.
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