Technik kurz erklärt Die Entwicklung des Lochers

| Aktualisiert am 16.02.2022Von Dipl.-Ing. (FH) Monika Zwettler

In unserer Serie „Technik kurz erklärt“ stellen wir regelmäßig Meisterwerke der Konstruktion und besondere Entwicklungen vor. Heute: der Locher.

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Schafft Ordnung im Büro: der Locher. Erfunden wurde er von Friedrich Soennecken, Tüftler und Kaufmann in einer Person.
Schafft Ordnung im Büro: der Locher. Erfunden wurde er von Friedrich Soennecken, Tüftler und Kaufmann in einer Person.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

Durch Beschädigung, [absichtliche] Einwirkung o. Ähnliches entstandene offene Stelle, an der die Substanz nicht mehr vorhanden ist – so lautet die Definition von Loch im Duden. Das Deutsche Patent- und Markenamt schreibt dazu:

Es gibt viele wichtige Erfindungen, die die Entwicklung der Menschheit begleiteten. Neben dem Rad war dies auch das Loch – genauer gesagt, Geräte und Verfahren zur Herstellung des selbigen.

Bei genauer Betrachtung sorgt das fast banale Loch an vielen Stellen im Leben für Sicherheit und Ordnung: Ein Loch sorgt mit dem passenden Verbindungselement für sicheren Halt – sei es das Bild an der Wand in Kombination mit einem Dübel oder die Schraube im Bauteil. Ordnung auf dem Schreibtisch wurde unter anderem möglich dank der Erfindung des Ordners und passend dazu der Erfindung des Lochers.

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Wer hat den Locher erfunden?

Der Ordnung im Unternehmen, im Büro und auf dem Schreibtisch hatte sich auch Friedrich Soennecken verschrieben: 1886 erhielt er das Patent für den Aktenordner, der zunächst als Apparat „zum zeitweisen Zusammenheften von Briefen“ bezeichnet wurde.

Da es ohne Löcher im Papier auch keine Ablage im Ordner gibt, tüftelte Soennecken weiter: Auch im Jahr 1886 meldete er einen tragbaren Locher zum Patent an, der damals noch „Perforiermaschine“ genannt wurde. Er erhielt am 14. November 1886 das Patent Nr. 40065 für seinen „Papier-Locher für Sammelmappen, Briefordner u. dergl.“

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Wie funktioniert der Locher?

Im Unterschied zu anderen Lochern sind die Schneidstifte in der neuen Konstruktion nicht mit dem Druckbügel verbunden. Stattdessen sind sie lose in Führungsköpfe eingehängt. In der Patentschrift heißt es sinngemäß:

  • Durch diese Konstruktion gleiten die Schneidstifte auf- und ab, ohne zu klemmen oder sich in den Führungen festzusetzen, etwa aufgrund von ungleicher Druckverteilung auf den Bügel.
  • Zudem dringen die Schneidstifte dadurch stets senkrecht in die Löcher der Stahlmatrizen und sorgen für vollständiges Lochen des Papiers.
  • Nach dem Lochen bringen Federn die Schneidstifte wieder in die Ausgangsposition.

Auch an einen Auffangbehälter für die ausgestanzten Papierstückchen hatte Soennecken schon gedacht.

Stationen in Soenneckens Leben und wichtige Erfindungen

  • Friedrich Soennecken wurde 1848 im heutigen Iserlohn als Sohn eines Kleineisenwarenherstellers.
  • Während seiner kaufmännischen Lehre ist aus einer Ungeschicklichkeit seine erste Erfindung entstanden: Ihm fiel ein Tintenglas um, was er zum Anlaß nahm, das Konzept zu überdenken. Seine Lösung: Er fixierte das wackelige Tintengefäß in einem soliden Holzklotz.
  • Während der Arbeit im Jahr 1870 kam ihm auch die Idee, eine neue Rundschrift zu entwickeln, die leichter erlernbar sein sollte – das Vorbild unserer Schreibschrift. Passend dazu entwickelte er Lehrmaterialien.
  • Um diese zu vertreiben, gründete er 1875 ein Handelsunternehmen in Remscheid, den F. Soennecken Verlag.
  • Zur neuen Schrift, so wurde ihm bald klar, fehlte noch eine geeignete Feder. Auch diese entwickelte Soennecken selbst, ließ sie zunächst in England fertigen, später produzierte er die Federn selbst.
  • Durch seine Erfindungen und Entwicklungen rund um Schrift und Schreiben entwickelte sich sein Unternehmen sehr gut. 1876 folgte der Umzug nach Bonn.
  • 1877 führte Soennecken die „Reisekopierpresse“. Anlaß dafür war die umfangreiche Reisetätigkeit Soenneckens, der es gewohnt war, vor dem Postausgang jedes Dokument zu kopieren, unterwegs jedoch das dafür geeignete Gerät vermisste.
  • Die rasante Wirtschaftsentwicklung der Industrialisierung verlangte effizienter gestaltete Verwaltungs- und Organisationsstrukturen in den Büros. Soennecken erkannte den Bedarf und entwickelte entsprechende Produkte, etwa den heutigen Aktenordner und eben den Locher. Später kamen auch Regale und Schränke für das Büro hinzu.
  • 1890 stellt Soennecken den Umlegkalender vor, 1903 folgt das Ringbuch.
  • Vom Handwerkersohn zum erfolgreichen Inhaber einer Weltfirma wurde er 1910 für seine Erfindungen auf der Weltausstellung in Brüssel ausgezeichnet.
  • Friedrich Soennecken starb am 2. Juli 1919.
  • Die von Alfred Soennecken nach dem Tod des Vaters 1919 weitergeführte Firma Soennecken ging 1973 in Konkurs.

Ergänzende Informationen

ISO 838: Genormte Lochung

Der verbreitetste Standard für Lochgröße und -abstand ist in der ISO 838 beschrieben:

  • Die Löcher haben einen Durchmesser von 6 mm (±0,5 mm)
  • Die Lochmitten liegen 80 mm (±0,5 mm)auseinander.
  • Die Lochmitten haben einen Abstand von 12 mm (± 1 mm) zur Papierkante.
  • Die Breite des Lochrandes ist mit 20 bis 25 mm vorgesehen.
  • Die Lochung nach ISO 838 eignet sich für alle Papierformate mit einer Höhe von mindestens 100 mm.

Wenn vier Löcher benötigt werden, greift eine Erweiterung der ISO 838. Diese nicht genormte Erweiterung wird häufig als 888 bezeichnet, weil alle Löcher 80 mm Abstand zueinander haben.

  • Die mittleren Löcher werden nach ISO 838 positioniert.
  • Zwei weitere Löcher werden im Abstand von 80 mm darüber und darunter platziert.
  • Die Lochmitten haben einen Abstand von 12 mm (± 1 mm) zur Papierkante.

Quellen:

www.soennecken.de

www.ub.rwth-aachen.de

www.dpma.de

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