Unter der Lupe Die Elektromobilität im Faktencheck
Der Anteil an E-Autos wächst, doch die Skepsis bleibt. Wie umweltfreundlich sind E-Autos? Und ist unser Stromnetz ausreichend? Ein Faktencheck.
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Elektromobilität wächst, weltweit fahren bereits 7,5 Millionen E-Autos auf den Straßen. Bis 2030 schätzen Marktstudien, dass ihr Anteil an den globalen Pkw-Verkäufen weltweit auf 25 bis 75 Prozent steigen. Dennoch gibt es viel Skepsis gegenüber der Technologie, nicht selten wird die Nützlichkeit hinterfragt. Aufgrund dieses Wachstums und den vielen offenen Fragen hat das Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI einen detaillierten Faktencheck auf Basis einer Meta-Literaturanalyse von Fremd- und Eigenstudien durchgeführt und gängige Fragen rund um die E-Mobilität beantwortet. Im Folgenden gehen wir auf die wichtigsten Fragen ein.
Wie entwickeln sich Batterien weiter?
In den letzten zehn Jahren hat sich die Energiedichte großformatiger, in E-Autos eingesetzter Lithium-Ionen-Batteriezellen fast verdoppelt und könnte sich bis 2030 nochmals verdoppeln. Um damit reale Reichweiten über 600 Kilometern zu erreichen, sind aber neben der Weiterentwicklung der Batteriezellen auch raum- und gewichteinsparende Innovationen bis auf die Batterie-Systemebene sowie im Fahrzeug erforderlich.
Bei der Weiterentwicklung setzen die Hersteller den Fokus vor allem auf eine höhere Energiedichte für eine größere Leistung sowie eine günstigere Herstellungsmethode.
Die größte Energiedichte von über 1.000 Wh/l würde man mit Lithium-Metall-Anoden erreichen. Dafür bräuchte es jedoch Feststoffelektrolyte, die bisher kommerziell noch nicht verfügbar sind. Das Fraunhofer ISI vermutet, dass etwa ab 2025 mit ersten Feststoffbatterien in größerem Maßstab zu rechnen ist.
Wie umweltfreundlich sind E-Autos?
Tatsächlich verursachen Elektroautos – je nach Produktion und Batteriegröße – 70 bis 130 Prozent mehr Treibhausgase als konventionelle Benzin- oder Dieselfahrzeuge in der Herstellung. Das ist aber nur ein Aspekt, denn bei der Nutzung schneiden E-Fahrzeuge wiederum besser ab. Dabei berücksichtigte das Fraunhofer ISI auch den aktuellen deutschen Strommix und rechnete zudem damit, dass die Energiewende wie geplant verläuft (d.h. der Anteil an erneuerbaren Energien steigt). In der Gesamtbilanz stehen E-Autos damit besser da als herkömmliche Benzin- oder Dieselfahrzeuge: Ein heute angeschafftes Elektroauto verbraucht über seine gesamte Lebensdauer 15 bis 30 Prozent weniger Treibhausgasemissionen gegenüber einem vergleichbaren modernen Auto.
Das Fraunhofer ISI betont dabei aber auch, dass die Energiewende bei dieser Rechnung eine wichtige Rolle spielt. Wird überwiegend oder ausschließlich erneuerbarer Strom verwendet, wie es manche Bürger schon mit einer eigenen PV-Anlage schaffen, so fällt die Bilanz der E-Autos noch wesentlich positiver aus.
Auch beim Recycling können sich E-Autos noch bessern: Zwar sagen viele Studien, dass die Verwertung kaum Einfluss auf die Emissionsbilanz haben, doch das Fraunhofer vermutet, dass eine Zweitverwertung der Batterie die Bilanz noch einmal deutlich verbessern würde.
Bei der Treibhausemissionsbilanz wurde der Rohstoffabbau nicht berücksichtigt, da sich hier nur schwer Vergleiche ziehen lassen. Jedoch weist das Fraunhofer darauf hin, dass es weiterhin große negative ökologische wie soziale Auswirkungen bei der Rohstoffgewinnung für die Batterieproduktion gibt.
Reichen die vorhandenen Rohstoffe aus?
Ein weiterer kritischer Punkt der E-Fahrzeuge sind die benötigten Rohstoffe – kann die globale Nachfrage dauerhaft gedeckt werden? Größtenteils ja, so die Antwort des Fraunhofer ISI. Vor allem Lithium, Kobalt, Nickel, Mangan und Graphit sind ausreichend vorhanden, auch wenn man die allgemein steigende Nachfrage beachtet. Bei Kobalt wird sich die Lage sogar entschärfen durch die Entwicklung von Kobalt-reduzierten Hochenergie-Batterien. Nur bei Nickel herrscht noch Unsicherheit. Vor allem sollte am Recycling gearbeitet werden, damit aus Altbatterien neue Rohstoffe wiedergewonnen werden.
Gehen durch Elektromobilität Arbeitsplätze verloren?
Da ein E-Fahrzeug weniger Komponenten benötigt, ist die Herstellung weniger komplex und beschäftigungsintensiv, weshalb sehr viele Studien davon ausgehen, dass durch die vermehrte Herstellung von E-Autos viele Arbeitsplätze verloren gehen. Die häufig genannten positiven Arbeitsplatzeffekte in der Batterieproduktion halten sich aufgrund der hochautomatisierten Produktion vermutlich gering. Dafür erwartet man positive Arbeitsplatzeffekte in der Stromerzeugung, Digitalisierung und dem Aufbau der Ladeinfrastruktur.
Was passiert mit der Altbatterie?
Ausgediente Batterien können prinzipiell recycelt werden, was in Pilotanlagen auch schon aktuell durchgeführt wird, doch hier gibt es noch viel Forschungsbedarf. Auch der Gesetzgeber muss handeln, denn die aktuelle Gesetzeslage zum Batterierecycling, was eine Sammelquote von 45 Prozent und ein Recyclinganteil von 50 Prozent des durchschnittlichen Gewichts vorsieht, wird dem erwarteten Anstieg von Altbatterien nicht gerecht.
Eine weitere Option könnte hier die Zweitnutzung der Batterien sein – das Konzept befindet sich derzeit in der Erprobung und könnte ab 2030 relevant werden, dann erwartet man nämlich einen nennenswerten Rücklauf ausgedienter Fahrzeugbatterien. Für funktionierende Geschäftsmodelle müssten Zweitbatterien entsprechend günstig und mit ausreichend Restleistung verfügbar sein.
Ist unser Stromnetz für die Elektromobilität gerüstet?
In Deutschland fahren aktuell ca. 45 Millionen PKW – wären das alles E-Autos, würde der landesweite Strombedarf um 20 Prozent steigen. Prognosen sagen, dass bis 2030 etwa sieben bis zehn Millionen E-Autos in Deutschland unterwegs sind, was einen erhöhten Strombedarf von 3 bis 4,5 Prozent bedeutet – für das Stromnetz machbar. Wichtig ist auch der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor, der bei etwa 30 Prozent liegt, d.h. nur 30 Prozent der E-Autos laden gleichzeitig und belasten damit das Stromnetz gleichzeitig. Ob es zu Zeiten mit hohem Reiseaufkommen an wichtigen Knotenpunkten zu Engpässen kommen kann, wird derzeit noch erforscht.
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