Moderne Simulations- und Visualisierungsverfahren machen Produkte von morgen bereits visuell erlebbar. Doch wie klingen sie? Mit dem Auralisierungs-Tool Vipra werden Produkte bereits in der Entwicklungsphase authentisch hörbar.
Mit Vipra gehören farbige Schalldiagramme der Vergangenheit an. Jetzt werden Produktklänge authentisch erlebbar.
(Bild: iStock.com/alvarez)
Wie klingt der neu konzipierte Motor, wenn er im Auto verbaut ist? Ist der Klang der neuen Autotür noch satt genug, um den potenziellen Autokäufer ein Gefühl von Sicherheit und Qualität zu vermitteln? Schließlich entscheidet der richtige Klang über den Kauf. Automobilhersteller investieren schon lange in ein professionelles Sounddesign und einen teuren Prototypenbau. Bisher war die klangliche Darstellung ein Problem, denn im virtuellen Prototyping konnten die Eigenschaften von Bauteilen nur mit Hilfe von Simulationstools visualisiert werden.
Farbige Schalldiagramme vermitteln keinen Klang
Dabei kommen bisher farbige Schalldiagramme zum Einsatz. Dabei werden die Farben über das Lautstärkeverhalten der dreidimensionalen Schallabstrahlung eines Produktes dargestellt. „Rottöne werden beispielsweise oft als hohe Lautstärken und Grüntöne oft als leise interpretiert“, erklärt Bernhard Fiedler, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Akustikexperte am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT) in Ilmenau. Andere Darstellungen wiederum zeigen die Intensität der Schallemissionen über die Frequenzen an und wieder andere das zeitliche Lautstärkeverhalten, zum Beispiel bei einem Hochlauf des Motors. „Obwohl diese Darstellungen eine objektive, physikalische Analyse der Mess- und Simulationsdaten ermöglichen, kann der Klang, also wie sich das Produkt tatsächlich in seiner Anwendungsumgebung anhört, nicht vermittelt werden“, sagt Fiedler. Es existieren zwar psychoakustische Bewertungsgrößen wie die Rauigkeit oder Schärfe, jedoch erlauben diese auch nur eine grobe Einordnung, so der Experte. Deshalb könne der Grad des Wohlklangs nicht visualisiert, sondern nur durch Hören verständlich gemacht werden.
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Mit Vipra gehören farbige Schalldiagramme der Vergangenheit an. Jetzt werden Produktklänge authentisch erlebbar.
(Bild: iStock.com/alvarez)
Wie klingt der neu konzipierte Motor, wenn er im Auto verbaut ist? Ist der Klang der neuen Autotür noch satt genug, um den potenziellen Autokäufer ein Gefühl von Sicherheit und Qualität zu vermitteln? Schließlich entscheidet der richtige Klang über den Kauf. Automobilhersteller investieren schon lange in ein professionelles Sounddesign und einen teuren Prototypenbau. Bisher war die klangliche Darstellung ein Problem, denn im virtuellen Prototyping konnten die Eigenschaften von Bauteilen nur mit Hilfe von Simulationstools visualisiert werden.
Farbige Schalldiagramme vermitteln keinen Klang
Dabei kommen bisher farbige Schalldiagramme zum Einsatz. Dabei werden die Farben über das Lautstärkeverhalten der dreidimensionalen Schallabstrahlung eines Produktes dargestellt. „Rottöne werden beispielsweise oft als hohe Lautstärken und Grüntöne oft als leise interpretiert“, erklärt Bernhard Fiedler, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Akustikexperte am Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie (IDMT) in Ilmenau. Andere Darstellungen wiederum zeigen die Intensität der Schallemissionen über die Frequenzen an und wieder andere das zeitliche Lautstärkeverhalten, zum Beispiel bei einem Hochlauf des Motors. „Obwohl diese Darstellungen eine objektive, physikalische Analyse der Mess- und Simulationsdaten ermöglichen, kann der Klang, also wie sich das Produkt tatsächlich in seiner Anwendungsumgebung anhört, nicht vermittelt werden“, sagt Fiedler. Es existieren zwar psychoakustische Bewertungsgrößen wie die Rauigkeit oder Schärfe, jedoch erlauben diese auch nur eine grobe Einordnung, so der Experte. Deshalb könne der Grad des Wohlklangs nicht visualisiert, sondern nur durch Hören verständlich gemacht werden.
Mit Audiowiedergabeverfahren beschäftigt sich das Fraunhofer IDMT in den letzten 20 Jahren. Diese sorgen in der Entertainmentindustrie, beispielsweise auf Kreuzfahrtschiffen, in Theatern oder Planetarien, für ein dreidimensionales Klangerlebnis für eine große Anzahl von Personen. „Diese Schallfeldsyntheseverfahren können aber auch im Industriebereich eingesetzt werden“, betont Fiedler. Wie das umgesetzt werden kann, hat Bernhard Fiedler gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Sladeczek im Forschungsprojekt AVP3 (Akustisch erweiterte Virtualisierung von Produkten und Produktionsprozessen) entwickelt. Hierbei sammelten die Akustikexperten wichtige Erkenntnisse zur akustischen Produktvirtualisierung.
Authentisches Hörerlebnis mit Vipra
Ergebnis ist Vipra – eine Auralisationstechnologie, mit dem Produkte und Bauteile schon während der virtuellen Entwicklungsphase authentisch erlebbar werden. Damit werden die Klangeigenschaften beispielsweise von Autos, Maschinen oder Elektrogeräten authentisch dargestellt – von jeder beliebigen Perspektive aus und in der zukünftigen akustischen Umgebung. Die akustischen Umgebungen, wie beispielsweise Produktionshalle, Baustelle oder städtischer Platz, können mit Vipra einfach und interaktiv als virtuelle Audioszene hörbar gemacht werden. Doch wie funktioniert das? „Dies funktioniert, indem die räumlichen Simulations- und Messdaten in einem virtuellen Raum zu einem authentischen Hörerlebnis des Produkts zusammengeführt werden. Entwicklungsingenieure können den Klang direkt über den Kopfhörer anhören und anhand ihrer Erfahrungen bewerten“, erklärt Fiedler.
Numerische Simulationsdaten akustisch erleben
Zum Vergleich: Graphische Darstellungen wie Diagramme sind in ihrer Aussagekraft auf fixe Parameter beschränkt. Bedeutet, sie können die Komplexität eines mehrdimensionalen Schallfelds nicht ausreichend abbilden. Bisher wird versucht mit Schalldiagrammen, den Höreindruck zu visualisieren. Hierbei soll also das Auge beurteilen, was man eigentlich hören würde. Man versucht also, die visuellen Reize der Augen vollständig durch Klänge zu beschreiben. Bei diesem Transfer der Sinne gehen unweigerlich Informationen verloren. Die Produkteigenschaften werden dabei nur eingeschränkt wahrgenommen.
Nicht bei Vipra: „Mit Vipra sind wir jetzt zum ersten Mal in der Lage, numerische Simulationsdaten akustisch erlebbar zu machen – lange bevor der erste Prototyp entsteht“, betont Fiedler. So wurde Vipra entwickelt, um den digitalen, akustischen Produktentwicklungsprozess zu vereinfachen. Damit können Produktentwickler schnellere und zuverlässigere Entscheidungen über künftige Produkteigenschaften treffen.
Vipra testen im Online-Demonstrator
Das Auralisations-Tool wird bereits in der Produktentwicklung eingesetzt, um akustische Messdaten interaktiv und dreidimensional hörbar und damit vergleichbar zu machen. Mit einem interaktiven Online-Demonstrator können auch potenzielle Anwender Vipra testen. Dabei können sie aus verschiedenen Elektrowerkzeugen, Haushalts- oder Consumer Electronics-Geräten auswählen und den Klang der virtuellen Produkte aus unterschiedlichen Richtungen und in verschiedenen akustischen Umgebungen erleben.
An einer Weiterentwicklung der Auralisationstechnologie arbeiten die Forscher am Fraunhofer IDMT ebenfalls. Dabei spielt das zunehmende Interesse an Cloudtechnologien bei der Entwicklung eine große Rolle. „Dabei soll es zukünftig möglich sein, Mess- und Simulationsdaten direkt in der Cloud interaktiv auralisieren zu können“, verrät Fiedler. Ebenso seien Schnittstellen und Formate angedacht, die es ermöglichen, aus Konstruktionsdaten hörbare räumliche Daten zu generieren, um die Auralisierung konsequent im Entwicklungsprozess mitzuführen.