Prozessviusalisierung Das Ohr direkt am Prozess

Von Silke Brügel, Ottobrunn Lesedauer: 4 min |

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Beim Hochpräzisionsschleifen zählt nicht nur jeder Mikrometer, sondern auch eine hohe Produktivität der Maschine. Ein Prozessvisualisierungs- system hilft, die Arbeitsprozesse weiter zu optimieren.

Das Prozessvisualisierungssystem Motorview überwacht die Belastung auf den Schleifscheibenantrieb hochpräzise.
Das Prozessvisualisierungssystem Motorview überwacht die Belastung auf den Schleifscheibenantrieb hochpräzise.
(Bild: BMR)

Die Genauigkeits-Maschinenbau Nürnberg GmbH (kurz „G&N“) entwickelt und produziert Präzisions-Flachschleifmaschinen für die Bearbeitung von Metallen, Keramiken, Silizium und weiteren spröden, schwer zu bearbeitenden Werkstoffen für unterschiedliche High-Tech-Anwendungen. Für die Produktion setzt G&N moderne Maschinen wie die MPS R400 CV Twin ein. Sie verfügt über zwei Schleifscheiben unterschiedlicher Körnung auf einer Spindel zum Grob- und Feinschleifen von Wafern und Metallen, die besonders hohe Plangenauigkeit und gleichzeitig höchste Oberflächengüte erfordern.

Um den Automatisierungsgrad weiter zu steigern, werden seit Herbst 2023 erstmals nahezu alle automatischen Maschinen im Portfolio sowie die zukünftigen Maschinen zusammen mit einem Prozessvisualisierungssystem angeboten.

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Die Genauigkeits-Maschinenbau Nürnberg GmbH

Die Genauigkeits-Maschinenbau Nürnberg GmbH beschäftigt rund 25 Mitarbeiter am Firmensitz in Erlangen. Bereits 1964 entwickelte das Traditionsunternehmen, dessen Anfänge bis ins Jahr 1938 zurückreichen, in Zusammenarbeit mit Siemens und der Universität Erlangen eine erste Siliziumschleifmaschine für ½“ Wafer. 1984 folgte mit der T 500 die erste vollautomatische Siliziumschleifmaschine mit Tauchschleifverfahren. 1991 kam mit dem Nanogrinder die erste vollautomatische Schleifmaschine für 300 mm Substrate auf den Markt. Im Jahr 1998 der Multinano 3/300 zum Wafer-Rückseitenschleifen. Seitdem wurde die Produktpalette kontinuierlich erweitert und weiterentwickelt.

Nach erfolgreicher Testphase direkt in der Produktion vor Ort fiel die Wahl auf Motorview. Das im Jahr 2020 von der BMR elektrischer & elektronischer Gerätebau GmbH entwickelte Messsystem hat sich bereits mehrfach in der Praxis bewährt, u.a. auch bei Schaeffler Aerospace. Es ist in zwei Komponenten aufgeteilt: Einen Sensorik-Teil und einen Anzeige-Teil.

Die Integration ist denkbar einfach: Der Sensorik-Teil wird lediglich in die Motorleitungen zwischen Umrichter und angetriebenen Motor geklemmt beziehungsweise eingeschleift. Dadurch laufen die Motorphasen über das Gerät, das alle Informationen über Spannungen und Ströme erfasst und speichert, ohne den Ablauf zu beeinträchtigen. Der Display-Teil ist über ein Kabel damit verbunden und stellt den erfassten Lastzustand der Spindel grafisch dar. Für die Kommunikation und Inte­gration mit der Maschinensteuerung ist ein digitales und serielles Interface vorhanden. Das exakte Erfassen und Visualisieren der Antriebsdaten hilft, ungeplanten Maschinenstillstand ganz zu vermeiden.

„Motorview hat das Ohr quasi direkt am Prozess und kann die Daten äußerst feinfühlig erfassen und darstellen“, erklärt BMR-Entwicklungsingenieur Frank Buchholz. „Der Lastzustand des Motors bildet in der Regel auch den Bearbeitungsvorgang ab, was wertvolle Rückschlüsse ermöglicht, ob der Prozess ordnungsgemäß abläuft, oder ob sich Probleme ankündigen.“

Das System ist in der Lage, hochpräzise die Belastung auf den Schleifscheibenantrieb zu überwachen. Bei den zahlreichen Tests in der Fertigung vor Ort wurden beim Wafer-Schleifen regelmäßig Wiederholgenauigkeiten von durchschnittlich 5 Mikrometer erreicht. Die Maschine kann somit mit erhöhter Geschwindigkeit Richtung Werkstück fahren und erkennt sicher ob eine Berührung stattfindet oder nicht. Ein vorheriges Ausmessen der Werkstückhöhe sowie das Eingeben der Daten in die Maschinensteuerung entfällt. Neben dem Automatisierungs- grad erhöht sich die Sicherheit der Maschine, da eventuelle Mess- und Eingabefehler seitens des Maschinenführers der Vergangenheit angehören und ein Maschinen-Crash vermieden werden kann.

Buchtipp

Das Buch „Antriebspraxis“ enthält eine Gesamtschau der Antriebe mit fester oder variabler Drehzahl, wie sie in der Automatisierung eingesetzt werden. Erklärt werden sowohl die einzelnen Komponenten als auch ihr Zusammenwirken im Antriebssystem bis hin zur Vernetzung in betrieblichen oder globalen Netzen.

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Aufwendiges Umkonstruieren der Maschinen entfällt

Dazu kommen eine Reihe weiterer Vorteile für den Kunden: Durch das durchdachte Konzept des Systems, bei dem nur die Motorphasen einmal durch das Gerät durchgeschleift werden müssen, entfällt ein aufwendiges Umkonstruieren der Maschine. Es muss keine weitere Sensorik im Arbeitsbereich (Werkstückträger, Werkzeug) angebracht werden. Damit vereinfacht sich auch die Nachrüstung in vorhandene Maschinen enorm.

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Das Gerät wird im Schaltschrank verbaut sowie ein zusätzliches Display an oder im Bedienpanel montiert. Das führt zu erheblicher Zeitersparnis und gleichzeitig wird der Arbeitsprozess transparenter. Der Pegel des Messsignals repräsentiert den Grad der Belastung auf den Antriebsmotor. Dies kann je nach Motortyp weniger als 1 W sein. Über das Display lassen sich hierfür Schaltschwellen festlegen, bei deren Überschreitung digitale Schaltsignale an die SPS ausgegeben werden. Wird nun ein bestimmter Pegel überschritten und von der SPS erkannt, wird sofort reagiert und die Zustellgeschwindigkeit reduziert.

„Ich sehe jederzeit den Betriebszustand des Bearbeitungsmotors und kann über die Anzeige in Echtzeit den Schleifprozess überwachen, während die SPS dynamisch auf meine festgelegten Schaltschwellen reagiert“, so Reinhold Läufer, Entwicklungsingenieur bei G & N. Dabei funktioniert das System sogar unabhängig von einem festen Display. Lediglich zum Festlegen der Schaltschwellen und zur Prozessoptimierung ist es notwendig. Wer Platz sparen möchte, kann es im Anschluss abstecken und an der nächsten Maschine verwenden.

Die Integration einer intelligenten Lösung zur Prozess-Visualisierung in die Präzisions-Flachschleifmaschinen verbesserte in kürzester Zeit aktiv den Arbeitsprozess vor Ort. „Die Kosten-Nutzen-Relation passt hier einfach“, erklärt Geschäftsführer Hermann Moos. Kein einziger Wafer sei in der Testphase kaputtgegangen, die Integration habe reibungslos geklappt. „Mit Motorview als optionalem System bieten wir unseren Kunden einen echten Mehrwert an Sicherheit und Zeitersparnis“, zieht Hermann Moos ein positives Fazit. (ud)

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