VDMA 70 Prozent der Unternehmen von Produkt- oder Markenpiraterie betroffen

Redakteur: Katharina Juschkat

Die Ergebnisse der VDMA-Umfrage zu Produktpiraterie unter mehr als 3100 VDMA-Mitgliedern zeigen, dass sich die Bedrohung durch Produktpiraterie auf relativ hohem Niveau befindet. Trotzdem verzeichnet die Umfrage auch einen leichten Rückgang von Plagiaten.

Anbieter zum Thema

Produktpiraterie ist für viele Unternehmen immer noch ein ernstzunehmendes Problem: In einer Umfrage des VDMA klagen 70 % aller Unternehmen über Produkt- oder Markenpiraterie.
Produktpiraterie ist für viele Unternehmen immer noch ein ernstzunehmendes Problem: In einer Umfrage des VDMA klagen 70 % aller Unternehmen über Produkt- oder Markenpiraterie.
(Bild: pixabay/CC0 Public Domain)

Alle zwei Jahre erhebt der VDMA eine Umfrage zur Produktpiraterie. Die jetzt veröffentlichen Zahlen zeigen, wie viele Unternehmen immer noch mit Plagiaten zu kämpfen haben: Insgesamt 70 % der befragtem Unternehmen geben an, von Produkt- oder Markenpiraterie betroffen zu sein.

Der geschätzte Schaden für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau beträgt laut VDMA jährlich etwa 7,3 Milliarden Euro. Das bedeutet aber auch, dass der Schaden um geschätzte 600 Millionen Euro zur vorherigen Umfrage gesunken ist. Zum Vergleich: Ein Umsatz in der Schadenshöhe würde der Branche knapp 34.000 Arbeitsplätze sichern, schätzt der VDMA. Neben dem Umsatzverlust und Verlust von Arbeitsplätzen sind in den betroffenen Unternehmen monetär schwer zu bewertende Folgen festzustellen, zum Beispiel Imageverlust, Verlust des Marktvorsprungs oder ungerechtfertigte Regressanforderungen.

83 Prozent der Unternehmen zeigen mit dem Finger nach China

Den deutschen Behörden und Messegesellschaften wird insgesamt gute Arbeit bescheinigt, weltweit besteht jedoch noch dringender Verbesserungsbedarf. Die bisherigen Aktivitäten vor Ort reichen nicht annähernd aus, um die Unternehmen adäquat im Kampf gegen Plagiate zu unterstützen, so das Ergebnis der Umfrage.

Mit einem Zuwachs um 11 % zur letzten Umfrage ist China als Herkunftsland der Plagiate auf einen neuen Höchstwert von 83 % geklettert. Dieser unrühmliche Rekord zeigt die Notwendigkeit, nicht nur Maßnahmen gegen Produktpiraterie zu beschließen, sondern diese auch mit Nachdruck umzusetzen. Der VDMA berichtet von Mitgliedern, deren Produkte von Händlern und Fälschern als Plagiate trotz rechtskräftiger Urteile mit nur geringfügigen Änderungen weiterverkauft werden.

Leitfaden und Normen als erste Informationsquelle

Lösungen und Konzepte zu finden, die dem Nutzer bei Produktpiraterie weiterhelfen, sind nicht einfach zu finden. Der VDMA-Leitfaden „Produkt- und Know-how-Schutz“ will betroffene Unternehmen bei der Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen vor Produktpiraterie und Know-how-Abfluss unterstützen. Praxisnahe Empfehlungen bieten einen Überblick und dienen als erste Informationsquelle für den gezielten Einsatz von Schutzmaßnahmen.

Der Leitfaden ist zudem Grundlage des Normenentwurfs DIN 66405 „Leitfaden für die Erstellung von Schutzkonzepten gegen Produktpiraterie, unlauteren Nachbau und Handel illegaler Waren“, der im Normenausschuss DIN NIA-02-01 „Maßnahmen gegen Produktpiraterie“ gemeinsam mit VDMA-Mitgliedern erarbeitet wird.

Die wichtigsten Ergebnisse der VDMA Studie Produktpiraterie 2016 im Überblick

  • Unternehmen: 70 % der Unternehmen sind von Produktpiraterie betroffen (2014: 71 %). Der geringe Rückgang zeigt, dass sich die Bedrohung auf einem weiterhin hohen Niveau befindet.
  • Schaden: Der geschätzte Schaden im Umsatzjahr 2015 betrug 7,3 Milliarden Euro. Gegenüber der letzten Umfrage von 2014 ist dies ein Rückgang des Schadens um geschätzte 600 Millionen Euro.
  • Gefahrenpotential Plagiate: 48 % der befragen Unternehmen sehen durch Plagiate den Anlagenbetrieb in Gefahr, 39 % berichten von Gefahren für den Menschen (z. B. auf Kundenseite in der Nahrungsmittelindustrie oder bei Industriearmaturen)
  • Plagiatsländer: Die Volksrepublik China ist mit 83 % (+11 %) weiterhin auf Platz 1 der Plagiatsherkunftsländer. Auf dem zweiten Platz folgen Plagiate aus Deutschland mit 24 %, Indien belegt mit 19 % Platz drei.
  • Branchen: Die am stärksten betroffenen Branchen im Maschinen- und Anlagenbau sind mit 92 % Motoren und Systeme sowie ebenfalls mit 92 % Kunststoff- und Gummimaschinen. Auf drittem Platz liegen Textilmaschinen mit 91 %.
  • Plagiateur: Der Wettbewerber wird von 76 % der Unternehmen mit Abstand am häufigsten als Plagiateur bzw. Auftraggeber genannt. Dahinter folgen mit 27 % Hinterhofwerkstätten u.ä. Kunden als Plagiateure treten nur noch in 16 % aller Fälle auf (- 7 %).
  • Ursachen: Reverse Engineering ist mit 69 % die meistgenannte Ursache von Plagiaten, gefolgt von Know-how-Abfluss etwa durch ehemalige Mitarbeiter mit 32 %. Von Industriespionage berichten 13 % der Unternehmen.
  • Plagiate: Komponenten sind mit 62 % die beliebtesten Plagiate, Designplagiate für knapp die Hälfte der Betroffenen (47 %). Der Nachbau ganzer Maschinen ist dagegen um 10 % zurückgegangen (41 %).
  • Reklamation: Noch 22 % (- 4 %) der Unternehmen haben mit ungerechtfertigten Reklamationen durch Plagiate zu kämpfen.
  • Schutz: Das beliebteste Mittel zur Prävention sind Schutzrechtsanmeldungen. Mehr als 80 % der Unternehmen setzen auf Patente, Marken & Co. Aber auch die Geheimhaltung spielt mit 70 % (+ 5%) eine zunehmende Rolle.
  • Recht durchsetzen: Werden Plagiate entdeckt, werden am häufigsten außergerichtliche Maßnahmen gewählt (43 %). Keine Maßnahmen leiten 42 % der betroffenen Unternehmen ein, wobei die Maßnahmen nicht für das ganze Unternehmen, sondern für einzelne Plagiatsfälle gelten. Gegen Plagiate vorzugehen lohnt sich nicht in jedem Fall. Eine Mehrfachnennung war möglich.
  • Ausland: Enttäuschung herrscht bei der Unterstützung im Ausland. Gegenüber Behörden kritisieren 87 % ungenügende Hilfe. Über 80 % der Unternehmen halten die Plagiatssituation auf internationalen Messen für ungenügend. Viele Unternehmen werfen den Veranstaltern vor, dass sie nicht restriktiv genug gegen Plagiat-Aussteller vorgehen, da sie um Ihre Geschäfte fürchten.
  • Unterstützung: Eine VDMA-Datenbank für die weltweite sichere Identifikation von Originalen wünscht sich die Hälfte der Unternehmen.
  • Schutzlos: 39 % der Unternehmen, die keine technischen Schutzmaßnahmen einsetzen, sind diese einfach zu teuer. 30 % der Unternehmen ist die Vielfalt zu groß.

Die komplette Studie steht hier zum Download bereit. (kj)

(ID:44034244)